Wirtschaftswissenschaften
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Enthält 2 Beiträge:
Noll, Bernd:
Die EU-Kommission als Hüterin des Wettbewerbs und Kontrolleur von sektoralen und regionalen Beihilfen
(S. 3 - 26)
Frankenfeld, Peter:
Konzepte und Umsetzungsprobleme der gemeinschaftlichen Regionalpolitik sowie Anpassungserfordernisse angesichts der Osterweiterung
(S. 27 - 52)
*****
(Vorwort)
Das vorliegende Heft der "Beiträge der Fachhochschule Pforzheim" befasst sich erneut mit regionalwirtschaftlichen Fragen. Im Heft 91 standen vom Strukturwandel getroffene altindustrialisierte Gebiete im Mittelpunkt, so zusagen die "Patienten" der Regionalpolitik. In diesem Heft liegt der Focus auf wettbewerbstheoretischen und wettbewerbspolitischen Fragen; wenn man im Bilde bleiben will, geht es also um die Gesundheitsprophylaxe, das theoretische Rüstzeug der Ärzte und die Kümmernisse der ärztlichen Praxis im Umgang mit gelegentlich schwiegen Patienten, die bei Schnupfen Antibiotika verlangen oder trotz hartnäckiger Gesundheitsprobleme am problematischen Lebenswandel festhalten.
Die Arbeiten entstanden aus Vorträgen in Bremen und Pforzheim und vermitteln zusammen einen guten Überblick über die regionalpolitischen Aktivitäten in der Europäischen Union. Der Focus der Ausführungen von Bernd Noll liegt auf wettbewerbstheoretischen, insbesondere ordnungspolitischen Grundlagen der EU-Regionalpolitik. Er skizziert zunächst den wettbewerbsrechtlichen Rahmen, gibt einen knappen Überblick über Theorie und Praxis der EU-Kommission bei der Verhinderung von Wettbewerbsbeschränkungen und ungerechtfertigten, wettbewerbsverzerrenden nationalen Beihilfen. Den Abschluss bilden Überlegungen, wie man das Dilemma der Politik - einerseits gleiche Bedingungen für Alle zu setzten, andererseits den in diesem Regime nicht erfolgreichen Unternehmen und Regionen zu helfen - auflösen könnte.
In der Arbeit von Peter Frankenfeld steht die zum Teil sehr widersprüchliche, häufig auch wenig transparente Praxis der EU-Regionalpolitik im Vordergrund. Zunächst zeigt er den Bedeutungsgewinn, den die Regionalpolitik im letzten Jahrzehnt innerhalb der EU gewonnen hat anhand der aufgewendeten Mittel auf: Sie haben sich vervierfacht. Ein wesentlicher Grund dafür ist nach seiner Ansicht, dass die makroökonomischen Instrumente zur Bekämpfung von Arbeitslosigkeit stumpf geworden sind, so dass die Regionalpolitik angesichts der brennenden Probleme vor Ort in die Bresche springen muss. Aus eigener Erfahrung als ehemaliger Fondsverwalter des Europäischen Regionalfonds EFRE kennt er die "Tricks", mit denen alle Regionen - die starken wie die schwachen - versuchen, sich im schärfer werdenden regionalen Wettbewerb zu behaupten; die Grenze zwischen erlaubten und unerlaubten Praktiken wird dabei nicht selten überschritten. Die Regionalpolitik in der EU steht nach seiner Diagnose in einer schwer aufzulösenden Zwickmühle: Die drängenden Forderungen aus den Regionen stoßen nicht nur auf ordnungspolitische Bedenken, sondern erreichen auch Grenzen der Finanzierbarkeit. Frankenfeld weist besonders darauf hin, dass mit der Osterweiterung der EU auch die Stunde der Wahrheit für die Regionalpolitik schlägt. Ohne grundlegende Reformen auf diesem Gebiet ist die EU seiner Ansicht nach nicht beitrittsfähig.
Wie lohnend ist Lernen? : Ertragsraten und Kapitalendwerte von unterschiedlichen Bildungswegen
(2006)
Grundlage der Untersuchung sind nach Ausbildungswegen differenzierte monatliche Nettoeinkommen, mit denen Ausbildungsrenditen berechnet werden. Ausgangspunkt ist der Mincer-Ansatz mit durchschnittlichen Renditen je zusätzliches Ausbildungsjahr von rund 10 %. Alternativ werden mit Hilfe der Einkommensmittelwerte Längsschnittberechnungen mit ab Ausbildungsbeginn beginnenden abdiskontierten Kosten- und Ertragsströmen durchgeführt. Dient das Einkommen von Ungelernten als Referenz, so ergibt sich für die Lehre eine überraschend hohe Rendite von knapp 50 %, die der akademischen Ausbildungsgänge ist mit 13,5 % (Fachhochschule) und 9,7 % (Promovierte) deutlich niedriger – der Mincer-Ansatz mit gleich bleibenden Renditen je zusätzliches Ausbildungsjahr erscheint damit als Fehlspezifikation. Die Simulation von Studiengebühren ergibt, dass die gegenwärtig vorgesehenen Beträge von 500 € je Semester die Bildungsrenditen des Studiums nur geringfügig senken (um 0,5 bis 0,9 %-Punkte); kostenorientierte Sätze von z.B. 5000 € je Semester würden allerdings zu Rückgängen von rund 5 %-Punkten führen, was die Attraktivität der akademischen Ausbildung beeinträchtigen dürfte.
Die Arbeit untersucht die Aussagen des Sachverständigenrates zur Beurteilung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (SVR) bezüglich der Stabilität der Finanzmärkte. Die systemischen Risiken von Finanzmärkten werden vom SVR klar angesprochen, die Notwendigkeit einer staatlichen Regulierung wird stets betont. Bis zum Ausbruch der Krise zeigt der SVR allerdings auch großes Vertrauen in die effizienzsteigernde Wirkung der neuen Finanzmarktinstrumente (Verbriefung und Strukturierung) und die zeitgleich entwickelten modernen bankinternen Risikokontrollsysteme. Die Vorboten der Krise werden wahrgenommen, von der Entwicklung nach dem Zusammenbruch der amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers im September 2008 ist der Rat aber - wie alle anderen Beobachter auch - überrascht. Der Rat urteilte nach bestem fachwissenschaftlichem Stand; die immer größer werdende Komplexität der neuen Finanzprodukte hätte ihn aber angesichts der Vehemenz, mit der er Transparenz als Grundvoraussetzung effizienter Märkte forderte, vielleicht früher und grundsätzlicher nachdenklich machen können.
Aufbauend auf einem von Kaldor 1967 entwickelten Ansatz wird der Einfluss der Industrieproduktion auf das gesamtwirtschaftliche Wachstum untersucht. Eine Querschnittsregression mit Daten für 121 Länder bestätigt im Grundsatz Kaldors These, dass Wachstumsraten des Bruttoinlandsprodukts von mehr als 3 Prozent je Jahr nur zu erreichen sind, wenn die Industrie noch rascher wächst, also relativ an Bedeutung gewinnt. Dieser Zusammenhang bestätigt sich in Längsschnittanalysen: In konjunkturellen Aufschwüngen zieht die viel stärker als die übrigen Sektoren schwankende Industrieproduktion das gesamtwirtschaftliche Wachstum nach oben, in Abschwüngen wird es durch den Einbruch bei der Industrieproduktion gedrückt. In Schwellenländern ist die Industrie Motor des Aufholprozesses gegenüber den hochentwickelten Ländern, in hochentwickelten Ländern ist sie Konjunkturmotor.
Der Artikel geht der Frage nach, ob die Forderung einer „Unternehmensverantwortung für soziale und ökologische Nachhaltigkeit“ (CSR) in den Kurrikula der Hochschule verankert werden kann. Zunächst wird die Frage aus wissenschaftstheoretischer Sicht diskutiert. Dabei zeigt sich, dass es kein allgemeingültiges Verfahren für die Begründung von Handlungszielen gibt. Dann wird aus verfassungsrechtlicher Sicht darauf verwiesen, dass die Implementierung normativer Handlungsziele in den Kurrikula zu Konflikten mit dem Prinzip der Freiheit von Lehre und Forschung führen kann. Abschließend wird die CSR-Konzeption aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht diskutiert. Dabei zeigt sich, dass diese Konzeption sowohl zu Problemen bei der Unternehmensfinanzierung als auch bei der Managementkontrolle führen kann und dass sie im Vergleich zu einer ordnungspolitischen Implementierung sozial- und umweltpolitischer Zielvorstellungen inferior ist.
Der Beitrag arbeitet zunächst heraus, dass viele die Wirtschaft betreffende Skandale wie Korruptionsaffären oder Kartellabsprachen nicht primär auf das Versagen einzelner Mitarbeiter im Unternehmen zurückführbar sind, sondern ihre Ursache in organisatorischen Defiziten haben. Unternehmen versuchen diese Defizite primär mit einem an der Compliance-Philosophie orientierten Ethik-Management entgegen zu wirken, müssen jedoch feststellen, dass dieses Vorgehen nur begrenzten Erfolg verspricht. Die hinter der Philosophie steckende „Kontroll- und Verhinderungslogik“ bedingt nicht nur Effizienzverluste, sondern schöpft die „moralischen Ressourcen“ der Mitarbeiter nicht aus. Das möchte die Integrity-Philosophie erreichen, die an einer intakten Unternehmens- und Wertekultur orientiert ist. Allerdings kann ein „kulturbewusstes“ Management nur langfristige Erfolge zeigen und wird auch mit manchen unternehmensinternen Widerständen rechnen müssen.
Die vorliegende Studie skizziert zunächst die Bedeutung von Wirtschaftskriminalität aus Sicht der deutschen Unternehmen sowie den derzeitigen Forschungsstand zu den Ursachen von Wirtschaftskriminalität. Dabei wird deutlich, dass die Motive von Wirtschaftsstraftätern noch nicht hinreichend erforscht sind. Um Näheres über die für die Tatmotive von Wirtschaftsstraftätern in Erfahrung zu bringen, wurden dreizehn qualitativ-psychologische Interviews mit Wirtschaftsstraftätern in verschiedenen Vollzugsanstalten geführt. Der Fokus lag dabei auf Betrug, Unterschlagung, Untreue und Korruption. Darüber hinaus wurden die Gerichtsakten von insgesamt 60 Wirtschaftsstraftätern aus elf deutschen Staatsanwaltschaften analysiert und ausgewertet. Dabei wurden die für die Tat ausschlaggebenden Motive, charakteristische Persönlichkeitsmerkmale und begünstigende Rahmenbedingungen untersucht. Fünf unterschiedliche Täterprofile wurden identifiziert, die es ermöglichen, die Entstehung von Wirtschaftkriminalität besser zu verstehen. Es gilt, das komplexe Zusammenspiel von emotionalen, motivationalen und kognitiven Prozessen auf dem Weg zur Straftat zu verstehen, um mögliche Konsequenzen für die Prävention und Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität zu diskutieren. Dabei zeigen bereits die ersten Ergebnisse dieser Studie eine Vielfalt an Tätertypen, die nach einem Mix an Präventionsmaßnahmen und geeigneten Rahmenbedingungen des Ethikmanagements verlangt.
Die den börsennotierten Gesellschaften durch die Einführung des Gesetzes zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) auferlegten Pflichten und die sich daraus ableitenden strategischen und operativen Aufgaben im Bereich des Risikomanagements sind Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Arbeit. In einem theoretischen Teil werden zunächst Kernelemente der Risikotheorie und das darauf aufbauende Risikokreislaufmodell eines funktionierenden Risikomanagementsystems erläutert. Die Anwendung dieses Ansatzes in der Praxis erfolgt am Beispiel eines mittelständischen Versicherungsunternehmens. Schwerpunkt der Untersuchung ist dabei die Frage, wie die komplexen Risikosachverhalte durch eine von den damit befassten Mitarbeitern leicht nachvollziehbare Systematik erfasst und gesteuert werden können. Ein schnell verfügbarer, einfach zu implementierender, kostengünstiger und dennoch praktikabler Ansatz, der die vom KonTraG verlangten Anforderungen an das Risikomanagement erfüllt und die Basis für komplexere Steuerungsaufgaben legt, wird vorgestellt.